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Geschichte

Der Bleistift

Der Bleistift

Unter all den Schreibgeräten, die die Menschen erfunden haben, ist der Bleistift vielleicht nicht der Edelste, jedoch sicherlich einer der Zuverlässigsten. Generationen von Schülern, Lehrern, Handwerkern, Beamten und Künstlern aller Art lernten ihn bei ihrer Arbeit kennen und schätzen.

Stellvertretend schrieb der Schriftsteller Walter Kempowski : 
„Womit ich denn so schreibe? Meine Manuskripte mit einem schönen leichten, halbweichen Bleistift, der nicht bricht, wenn er mal runterfällt. Hart genug muss er sein, dass die Spitze nicht zu schnell stumpf wird und weich genug, dass er beim Schreiben auf dem leicht rauhen Papier etwas bremst.” 

Die alten Ägypter sollen bereits vor 5000 Jahren Schilfrohre mit Blei ausgegossen haben, um damit Linien auf bestimmte Materialien zu ziehen. Damit wären sie die Erfinder einer Urform des Bleistifts. Im Mittelalter benutzte man in Europa nachweislich Legierungen aus Blei und Silber (Reisbley), die aber wegen ihrer Härte nicht nur leicht das Beschriftungsmaterial beschädigten, sondern auch für den Schreiber mühsam zu verwenden und äußerst ungesund waren.

BleistiftIm 16. Jahrhundert fanden Hirten in den Hügeln der englischen Grafschaft Cumberland nach einem Gewitter in den Wurzeln eines umgestürzten Baumes eine schwarz schimmernde Masse, mit der sie ihre Tiere markierten. In späteren Dokumenten wird diese Substanz wie folgt beschrieben: "Sie fühlt sich fettig an, verfärbt die Finger, aber ist ideal zum Zeichnen und Schrei-ben". Da sie wie Blei aussah, nannte man sie lateinisch plumpago = bleiähnlich.

Erst 200 Jahre später klärte der schwedische Chemiker Carl Wilhelm Scheele 1789 darüber auf, dass es sich dabei um einen kristallisierten Kohlenstoff handelt, den er nach dem griechischen Begriff „grafein = schreiben“ Graphit benannte, aber da hatte sich im deutschsprachigen Raum der Name Bleistift oder Bleifeder bereits eingebürgert.

Aus den gewonnenen Brocken wurden zunächst nur in England viereckige Stäbchen geschnitten, die wie Griffel gut in der Hand lagen, aber die Finger des Schreibers stark beschmutzten und leicht abbrachen. Deshalb umgab man sie mit Holz.

Obwohl sich die Engländer heftig dagegen wehrten, gelangten die Kenntnisse der Bleistiftherstellung bald auf den Kontinent, wo sich im Frankenland, rund um Nürnberg in den nächsten Jahrhunderten aus zunächst Handwerksbetrieben eine Industrie entwickelte, die bis heute Bleistifte sowie artverwandte Produkte von höchster Qualität herstellt.

Zwar wurden auch in Bayern, Österreich und den Niederlanden Graphitvorkommen gefunden, deren Reinheitsgehalt für die Stifte jedoch nicht ausreichte. So gewann das außerordentlich reine Borrowdale-Grafit aus England eine Art Monopolstellung, das die englische Regierung sogar durch zeitweilige Exportverbote kontrollierte. Das wiederum reizte die Erfinder im übrigen Europa. 1790 brannte Joseph Hardtmuth aus Wien eine Mischung aus Graphitstaub, Ton und Wasser unter hohen Temperaturen im Ofen. 1795 gelang es dem französischem Offizier und Ingenieur Jaque Conté, der sonst mit Graphit Gussformen für Kanonenkugeln herstellte, verunreinigtes kontinentales Material durch pulverisieren, schlämmen, vermischen mit Wasser und Ton, durch anschließendes Trocknen und Brennen im Keramikofen soweit aufzubereiten, dass es für die Herstellung von Bleistiften eingesetzt werden konnte. Unabhängig von einander lernten sie, die Härtegrade und Schwärze der Minen durch Anhebung des Tonanteils bzw. durch Beigabe von mehr Graphit zu manipulieren. Beide gelten bis heute als die Väter des modernen Bleistifts.

Graphit für Bleistifte kommt heute hauptsächlich aus asiatischen Minen. Die Härten der Minen werden international aber noch immer in englischer Sprache bezeichnet: B (black), HB (hard-black), F (firm) und H (hard), von denen B und H wiederum von 1 - 9 unterteilt sind.

Die Ummantelung der Bleistiftmine besteht aus weichem, astfreien Holz, das sich gut anspitzen lässt. Früher bevorzugte man Zeder oder Linde. Heute wird das meiste auf Plantagen in Südamerika speziell dafür angepflanzt.

In der industriellen Fertigung der Bleistifte wird das Holz zu dünnen Brettchen von der halben Bleistiftstärke geschnitten, in die parallel 9 Rillen von der halben Minenstärke eingeschnitten werden, in die Leim gefüllt wird. Nachdem in die Rillen eines Brettchens ein rundes Band aus weicher Graphitmasse eingefüllt wurde, wird ein zweites, identisches darüber gestülpt und mit Pressen durch den Leim verklebt. Nach einem Trocknungsvorgang werden zwischen den Minensträngen von oben und unten, gegenüberliegende V-förmige Schlitze ausgefräst, so dass die 6-seitigen Bleistifte entstehen. Ihre endgültige Form (evtl. auch rund) erhalten die Stifte durch anschließendes Hobeln und Schleifen. Manche werden vor dem Anspitzen durch Stempeln und Lackieren veredelt. Da der Lack eine gewisse Umweltunverträglichkeit aufweist, wird er heute vielfach weggelassen bzw. durch Wasserlackfarben ersetzt. Die Mine ist jedoch unbedenklich.

Die bekannte sechseckige Form vieler Bleistifte gibt der Hand zwar eine größere Grifffestigkeit, berufsmäßige Stenographen bevorzugen jedoch oftmals runde Stifte, weil die Kanten auf Dauer schmerzhaft in die Seiten der Finger eindrücken können.

Ein großer Vorteil bei der Arbeit mit dem Bleistift ist die einfache Korrektur mit einem Radiergummi. Zunächst benutzte man zum Radieren ein Stück weichen, ungereinigten Naturkautschuk, der das Papier allerdings sehr verschmierte. Einem Portugiesen namens Magal-haens wird die Erfindung einer Mischung aus künstlichem Gummi, gemahlendem Bimsstein, Farbstoffen und Schwefel zugeschrieben, die bei 150° C vulganisiert einen perfekten Radiergummi abgibt. Nicht vergessen werden dürfen die modernen hochwertigen Anspitzer, die das einstige Federmesser ablösten und heute das Schreiben und Zeichnen mit dem Bleistift sehr erleichtern.

In den Krisen der Nachkriegszeiten wurden Bleistifte bis auf den aller letzten Rest verwendet. Dazu steckte man die Stummel in Verlängerungen aus Holz oder Metall und fixierte sie mit einem Ring. Die Spitze konnte durch eine Kappe geschützt werden.

Um dem ständigen Anspitzen zu entgehen, erfand bereits 1822 der Engländer Sampson Mordan den Ever Pointed Pencil, eine Metallröhre mit einem einfachen Druckmechanismus zum Vorschieben einer sehr dünnen Graphitmine, die immer einsatzbereit war. Der Amerikaner Alonzo T. Cross entwickelte diesen Stift 50 Jahre später mit verzierten Edelmetallkörpern in Gold und Silber weiter. 1939 brachte der Belgier Gilbert erfolgreich einen Stift mit Namen „Criterium“ heraus.

Nahe Verwandte des Bleistifts sind der Kopierstift und der Buntstift, deren Herstellung bis auf die Minen dem des Bleistifts in etwa entsprechen. Seit 1875 arbeitet die Bleistiftfabrik „Schwan“ für den Ersteren Teerfarbstoffe (Methylviolett, Phenolblau, Rezorbinblau, Anilinblau, Nigrosin (schwarz), Eosin (rot)) sowie Fette, Bindemittel und Mineralien (fetter Ton, Talkum, Kaolin) in die Graphit-Tonmischung ein, um ihn urkundenecht bei Vertragsabschlüssen gesetzlich einsetzen zu dürfen. Allerdings ist die Mine für den Menschen giftig. Ab 1862 wurden nämlich alle Kaufleute per Gesetz verpflichtet, Abschriften jeglicher Korrespondenz aufzubewahren. Von einem Schriftstück, mit Kopierstift geschrieben, konnten einige Kopien hergestellt werden, indem ein feuchtes Spezialpapier aufgepresst wurde, auf dessen Rückseite sich die Schrift seitenrichtig gut lesbar abdruckte.

Die Minen von Buntstiften bestehen nicht aus Graphit, sondern aus gepressten, luftgetrockneten Mischungen von Farbpigmenten, Fetten, Wachsen, Bindemitteln, Talkum und Kaolin. Die Ummantelung ähnelt der des Bleistifts. Besonders gut einsetzbar sind die farbigen Stifte in künstlerischen Bereichen, wo die Striche mit unterschiedlichem Druck erzeugt, brillante Farbschattierungen hervorbringen. Ein Nachteil ist der, dass sich Arbeiten mit Buntstiften so gut wie nicht mit dem Radiergummi korrigieren lassen.
Der Bleistift bleibt bis heute ein unverzichtbarer Helfer der schreibenden und zeichnenden Zünfte.
Günter Garbrecht 2008

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