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Grusskartenanlässe

Weihnachten

Wer erfand die Weihnachtskarte?

Gebräuche, wie das Verschenken und Versenden von Weihnachtskarten sowie die darauf bevorzugt aufgedruckten Abbildungen, kann nur schwerlich verstanden werden ohne die historische Entwicklung des Weihnachtsfestes.

Die frühen Christen interessierten sich weniger für die Geburt oder das Leben Jesu, wie aller ihrer Märtyrer, sondern eher  für dessen/deren Tod. Um 220 n. Chr. berechnete Iulius Africanus  anhand von Bibelüberlieferungen die Kreuzigung  Jesu auf den 25. März und setzte dieses Datum mit dem Tag seiner Empfängnis gleich. Seine Geburt musste demnach neun Monate später am 25. Dezember erfolgt sein. Jedenfalls findet sich in der späteren Chronographie des Furius Dionysius Filocalus von 354 n. Chr., die sich auf das Jahr 336  n. Chr. bezog, in dem Verzeichnis der römischen Konsuln der Hinweis: „Christus ist während des Consulats von C. Augustus [ …. ] am 25. Dezember, einem Freitag, dem 15. Tag des Mondalters geboren.“ Mit der Taufe des römischen Kaisers Konstantin auf dem Totenbett 337 n. Chr. begann die religiöse Vorherrschaft des Christentums im römischen Reich, welches dann 392 n. Chr. durch Kaiser Theodosius I. zur Staatsreligion erhoben wurde. Die christliche Kirche organisierte sich analog des Herrschaftsgefüges des römischen Reiches. Sie bekämpfte und verdrängte sehr schnell die Religion des vorherrschenden antiken Sonnengottes Sol und übernahm dessen Feste, Kulte und Symbolik. Nach dem Julianischen Kalender war der 25. Dezember der kürzeste Tag des Jahres. Kaiser Aurelian (270-275 n. Chr.) bestimmte dieses Datum daher zum Geburtstag des Sonnengottes, der mit seinem Aufstieg der Welt Glanz und Wärme beschied. Spätere Kaiser ließen Münzen zu Ehren dieses Gottes prägen, auf denen er  u. a. stehend mit Strahlenkranz und Globus als Herrscher über die Welt abgebildet war. Für die Christen war jedoch Jesus „Ich bin das Licht der Welt!“ (Joh. 8.12) sowie gemäß biblischer Prophezeiung  „Euch aber, die Ihr meinen Namen fürchtet, soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln“ (Mal. 3.20) die Sonne und der Beherrscher der Welt. So lag es nahe, auch den Geburtstag des Sonnengottes, den 25. Dezember, auf Jesus zu übertragen sowie zu feiern, zumal das auch mit früheren Berechnungen übereinstimmte. Damit  fiel das christliche Fest auch mit den heidnischen Sonnenwendfeiern, den römischen Saturnalien und den skandinavischen Yule-Festen zusammen, die stets in großer Freude mit Einladungen, Festmahlen und Geschenken verbunden waren. Ob das von Anfang an geplant war, ist ungewiss. Die sonnenhungrigen,  im dunklen Mittel- und Nordeuropa lebenden Völker werden es gern akzeptiert haben.

Das Wort Weihnachten entstammt dem germanischen wiha = heilig bzw. weihen und naht = Nacht = Heilige Nacht. Früheste, aber ungesicherte Hinweise zeigen an, dass dieses Fest im deutschsprachigen Raum erstmals im 7. Jahrhundert gefeiert worden ist. Erst im Mittelalter fügte man die Symbole der Krippe und das Singen besonderer Lieder hinzu. Der Brauch des sich gegenseitigen Beschenkens zum Weihnachtsfest führt auf Martin Luther zurück, der den Sinn der Kinder für die Heiligenverehrung vom Heiligen Nikolaus auf Jesus umlenken wollte. Zuvor wurden Geschenke nur am Nikolaustag (6. Dezember) ausgeteilt. Obwohl schon in vorchristlicher Zeit Zweige von immergrünen Sträuchern oder Bäumen als Symbol eines starken Lebenswillens bei den Wintersonnenwenden zur Dekoration in oder an den Häusern Verwendung fanden, taucht der Weihnachtsbaum (Christbaum) erst im 16./17. Jahrhundert im Elsass auf. Tannen oder Fichten gab es zu dieser Zeit noch nicht sehr viele. Vermutlich waren die ersten Weihnachtsbäume Kiefern. Der 24. Dezember war den Stammeltern Adam und Eva gewidmet. Begangen wurde er mit Paradiesspielen. Dabei wurde der Baum mit Äpfeln geschmückt, als Hinweis auf den Sündenfall. Später kamen dann Kerzen dazu, möglicherweise unter dem Einfluss des im November / Dezember begangenen jüdischen Chanukka-Festes (Lichterfest), zu dem an acht hintereinander liegenden Tagen jeweils ein weiterer Arm an einem Leuchter entzündet wird. Der brennende Leuchter weist entfernt eine Ähnlichkeit mit einem Tannenbaum aus. Vor der Reformationszeit wurden je nach Landesfürst in den einzelnen selbstständigen Staaten Europas bis zu fünf Weihnachtstage als Fest gefeiert. Heute ist nicht in allen modernen Staaten der 26. Dezember ein gesetzlicher Feiertag. In überwiegend katholischen Gegenden wird er im Gedenken an den ersten christlichen Märtyrer als Stephanstag begangen.

Das Weihnachtsfest im heutigen Sinne mit Lichterbaum entwickelte sich im 19. Jahrhundert. 1868 veröffentlichte Harper’s Magazine in den USA erstmals eine Zeichnung von Thomas Nast mit der Figur des Weihnachtsmannes (Santa Claus), die auf den von niederländischen Einwanderern mitgebrachten Sinterklaas zurückgeht. Sinterklaas wiederum basiert auf einer Legende um den Heiligen Nikolaus von Myra (304 – 345 n. Chr.), christlicher Geistlicher, u.a. Schutzpatron Russlands und der Kinder, über den es wenig gesicherte Informationen gibt. An seinem Namenstag, dem 6. Dezember stellen in vielen Ländern Kinder ihre Stiefel vor die Tür und erwarten von dem Mann mit dem weißen Bart und dem roten Mantel Süßigkeiten oder Geschenke. Der Schlitten mit den Rentieren ist gleichfalls eine amerikanische Erfindung. Die Figur des Weihnachtsmannes in vielen verschiedenen Formen gehört noch immer zu den beliebtesten Motiven auf Weihnachtskarten in aller Welt.

Es war im Dezember 1843. Ein junger britischer Staatsbeamter mit Namen Henry Cole hatte gerade wenig Zeit  - oder verspürte vielleicht auch nur wenig Lust - zum bevorstehenden Weihnachtsfest wie gewöhnlich an alle seine vielen Freunde  und Verwandte lange Briefe zu schreiben. Er beauftragte deshalb den Illustrator und Maler John Callcott Horsley für ihn eine Weihnachtskarte mit dem Text: Merry Christmas and a Happy New Year to You zu kreieren. Horsley, inspiriert von der Form eines Altarbildes, komponierte das Bild eines Familienfestes in der Größe von 5 x 3 Zoll, umrahmt von Zweigen und Reben, das dem Betrachter Fröhlichkeit und Wohltätigkeit vermittelte. Henry Cole, der eine eigene Lithographenanstalt besaß, druckte von diesem Motiv 1.000 Karten in einer handkolorierten Auflage und verkaufte diese zu dem damals horrenden Preis von 1 Shilling pro Stück.  Es wird angenommen, dass mit dem Auftrag von Cole an Horsley die Geburtsstunde der Weihnachtskarte eingeläutet wurde und einen Brauch auslöste, der sich gut 150 Jahre später immer noch großer Beliebtheit überall auf der Welt erfreut. 

Später wurde Henry Cole der erste Direktor des Victoria and Albert Museums in London. Diese einflussreiche Position gab ihm Gelegenheit, sein Lieblingsprojekt die Pennypost zu fördern, und damit verhalf er dem neuen Brauch, Weihnachtskarten zu verschicken zum Durchbruch. Durch Organisation der Zeitschrift “Progressive Greetings” wird in Großbritannien seit 1995 jedes Jahr ein Preis für die beste Gestaltung einer Weihnachtskarte vergeben. Der Preis in Gestalt eines Pokals heißt in ehrenvollem Gedenken an Henry Cole der Henry.

Die Pennypost wurde  im selben Jahr wie die erste Briefmarke 1840 in Großbritannien eingeführt. Sofort machten große Teile der Bevölkerung besonders zur Weihnachtszeit begeistert Gebrauch davon. Die Erfindung einer Weihnachtskarte war danach eigentlich eine logische Folge. Schon 1850 war es wegen der großen Nachfrage möglich, hohe Auflagen zu drucken, so dass zu diesem Zeitpunkt der Preis bereits auf ein annehmbares Niveau abgesunken war. Die Weihnachtskarte wurde für zahlreiche Verlage und den entsprechenden Handelsstufen ein lohnender Geschäftsbereich. Viele Menschen, vom Holzfäller über den Papierhersteller, Künstler, Drucker, Transporteur, Groß – und Einzelhändler bis hin zum Briefträger fanden durch sie Arbeit und Lohn. 

Die Motive änderten sich mit dem Zeitgeist: Geschmückte Tannenbäume, Stechpalmenzweige, Schneeballschlachten, Winterlandschaften, Schlittenfahrten und Rotkelchen blieben stets in Mode. Aber auch anspruchsvolle Kunst, religiöser oder japanischer Stil sowie Humor und das Bild des Weihnachtsmannes wurden auf Weihnachtskarten transportiert.

In den Vereinigten Staaten produzierte der Besitzer eines Gemischwarenladens in Albany, NY in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Karte mit Weihnachtsgrüßen mit der Aufschrift: Pease’s Great Variety Store in the Temple of Fancy.  Populär war das Versenden von Weihnachtsgrüßen aber dort zu dieser Zeit noch nicht. Erst 1874 erkannte der aus Deutschland eingewanderte Louis Prang in Bosten die Chance, Weihnachtskarten auch in Amerika einzuführen. Bis dahin war der Brauch ausschließlich in Großbritannien verbreitet gewesen.  Louis Prang gilt heute als der Vater der amerikanischen Glückwunschkarte. Seit 1988 stiftet der amerikanische Glückwunschkarten-Verband jährlich einen Preis in seinem Gedenken für die beste gestaltete Glückwunschkarte des Jahres, den Louie Award.

Prang verbesserte den Farbdruck und benutzte bis zu zwanzig verschiedene Farben zur Herstellung seiner Weihnachtskarten. Er führte andere als bisher bekannte Formate ein und organisierte Wettbewerbe mit ansehnlichen Preisen für künstlerische Gestaltung von Weihnachtskarten. Die hohe Qualität seiner Produkte und die gefühlvollen Texte auf den Innenseiten der Karten machten ihn zu einem erfolgreichen Unternehmer. 1880 stellte er mehr als 5 Mill. Glückwunschkarten im Jahr her. In den späten 80iger Jahren wurde die USA von Billigimporten aus Deutschland überschwemmt. 1890 musste Prang aufgeben, aber gleich nach der Jahrhundertwende hatten andere amerikanische Verleger den nordamerikanischen Markt mit ständig steigender Nachfrage für sich zurückerobert  .

Obwohl in Deutschland augenscheinlich schon große Mengen an Weihnachtspostkarten für den Export hergestellt wurden, war es hier noch nicht üblich, solche Karten auch zu verschicken. Es bestand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg vielmehr die Sitte, zum Weihnachtsfest so genannte Wunschblätter zu verschenken. Das waren Briefbogen mit gedruckten Randornamenten und oft einem Bild, in die handschriftlich Grüße oder Gedichte eingesetzt wurden. Mit der großen Zeit der Bildpostkarte seit 1890/95 erscheinen dann erstmalig auch Weihnachtskarten als industriell gefertigte Massenware als offene Postkarten aber auch als solche, die im Umschlag versendet wurden.  Bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg überwogen getrennte Glückwünsche auf Weihnachts- oder Neujahrskarten. Mit dem aufkommenden Wohlstand sowie dem Wunsch nach mehr Individualität verlor in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die offene Postkarte als Träger von Weihnachtsgrüßen immer mehr an Bedeutung zu Gunsten der Umschlagkarte.

Text: Günter Garbrecht 2005, ergänzt 2011

(1) Burney, Jan <Graphis Ephemera 1> Pedersen Design, N.Y., 1995 
(2) Lexikon: <Britannica 98> 
(3) Fink, Joanne <Greeting Card Desiggn> PBC INTERNATIONAL, Inc., Glen Cove, NY, 1992
(4) Pieske, Christa <Das ABC des Luxuspapiers>, Berlin 1983

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