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Geschichte

Von der offenen Karte zur Bildpostkarte

Die Geschichte der Karte

Auszüge aus Veröffentlichungen von Professor Herbert Schwarzwälder

Seit eh und je war der Austausch schriftlicher Mitteilungen als Ersatz für das Gespräch für Menschen, die schreiben und lesen konnten, von großer Bedeutung. Sei es nun, dass es sich um amtliche Schriftstücke oder private Mitteilungen, um boshafte Drohungen oder feurige Liebesschwüre, um Mahnungen oder Bekundungen von Dankbarkeit handelte. Immer war es auch ein Problem, wie diese Briefe an den Empfänger gebracht werden sollten. Vielfach enthielten sie ja amtliche oder private Geheimnisse. So wurden Briefe versiegelt, auch in Formulierungen, die nur dem Empfänger verständlich waren, oder gar in Geheimschrift verfasst. Vertrauenswürdige Überbringer suchte man zunächst unter Freunden, reisenden Kaufleuten oder bezahlten Boten. Seit dem 16./17. Jahrhundert gab es private Postlinien, deren reitende Boten für fürstliche oder städtische Verwaltungen unterwegs waren.

Wappen des Postunternehmens  Thurn und Taxis
Wappen des Postunternehmens 
Thurn und Taxis

Auch nachdem die Postlinien in staatliche Regie genommen wurden, die Verschwiegenheit garantierten, mussten Briefe jeglichen Inhalts durch Falten, Aufrollen und Versiegeln vor unberechtigtem Zugriff geschützt werden. Briefumschläge kamen erstmals 1820 in England auf. Mit der Reform der alten unübersichtlichen Penny Post in Großbritannien zur Uniform Penny Post wurde 1840 die erste Briefmarke eingeführt, die Penny Black.

Penny Black
Penny Black

Nun gab es mit zunehmender Mobilität besonders der Mittelschichten mehr und mehr Anlässe für kurze Mitteilungen, die jeder lesen durfte und um welche die Mühe des Schreibens eines langen Briefes nicht lohnte: ob man am Strand lag oder einen Berg erklommen hatte, ob es einem gut oder schlecht ging, oder ob die Sonne schien oder es regnete. Soldaten schrieben an die Liebste nach Hause oder der wandernde Handwerksbursche an die Eltern. Auch der aufblühende Handel und die Industrie verlangten nach Möglichkeiten zum Versenden von kurzen, preiswerten Mitteilungen. Die Anregung für ein offen zu versendendes "Postblatt", das zum Preise von einem Silbergroschen für einheitliches Porto ohne Unterschied der Entfernung verkauft werden sollte, trug der preußische geheime Postrat Heinrich Stephan (wurde erst später geadelt) am 13. November 1865 auf der 5. Deutschen Postkonferenz in Karlsruhe vor.

Correspondezkaret Österreich Postkarte zum 100. Geburtstag des Generalpostdirektors 
des Norddeutschen Bundes, Heinrich von Stephan, 
der 1870 die Postkarte eingeführt hatte.

Doch stieß der Vorschlag auf Ablehnung. Haupteinwand: mangelnde Vertraulichkeit. Auf Anraten des Professors an der Militärakademie in Wien, Emanuel Hermann, führte die österreichische Postverwaltung am 1. Oktober 1869 eine "Correspondenz-Karte" ein, die auf einer Seite das Anschriftenfeld und eine aufgedruckte Briefmarke enthielt, während die andere Seite für Mitteilungen zur Verfügung stand. Diese Neuheit war von Anfang an ein Erfolg. Nun zog die Postverwaltung des Norddeutschen Bundes nach. Am 6. Juni 1870 unterzeichnete Bismarck die "Verordnung betr: die Einführung der Correspondenzkarte", die dann am 1. Juli 1870 in Kraft trat.

Correspondezkaret Österreich Österreichische
Correspondenzkarte

Die Verordnung hielt sich in der Form weitgehend an die Vorgaben der österreichischen Vorläuferin: eine Seite für die Adresse, die andere für Mitteilungen. Das Porto betrug ein Groschen oder drei Kreuzer. Für die Stadtpost gab es eine verbilligte Gebühr. Die Karte selbst kostete nichts. Die deutsche Postkarte war geboren! Im Deutsch-Französischem Krieg von 1870 - 71 wurden Tausende von Feld-Postkarten verschickt. Mit der stichwortartigen Kommunikation erschloss sich jetzt eine Welt des Schreibens auch für solche Personen, die an die Formulierung langer Sätze nicht gewöhnt waren. Zum anderen war das Porto nur halb so hoch wie jenes für Briefe. Ab 1. Juli 1872 wurden dann auch privat gedruckte Karten zugelassen, auf die Briefmarken geklebt werden mussten.

Andere Staaten folgten:
1870 Schweiz, Luxemburg und Groß-Britannien 
1871 Belgien, Niederlande, Dänemark und Finnland 
1872 Schweden, Norwegen und Russland 
1873 USA, Frankreich, Serbien, Rumänien Spanien 
1874 Italien

Karte Artilleristen

Erste bekannte Bildpostkarte

Correspondenzkarte mit Artilleristenbild 1870

Correspondezkaret Österreich

 


Die anfänglichen Bedenken wegen Verletzung des Postgeheimnisses erwiesen sich als gegenstandslos. Schon 1879 beförderte die deutsche Reichspost mehr als 122 Millionen Postkarten. Nun war die Postkarte, obwohl nicht ausdrücklich verboten, zunächst kein Medium bildlicher Darstellung, Die Geburtsstunde der Bildpostkarte lässt sich nicht genau angeben. Sie lag zwischen 1872 und 1874. Als älteste Vorläuferin dieser Art gilt eine am 16. Juli 1870 vom Oldenburger Hofbuchhändler Schwarz an seine in Magdeburg lebenden Schwiegereltern verschickte Correspondenz-Karte, auf deren Adressenseite er mit einem Klischee das Bild eines Artilleristen druckte. In den Handel gelangte diese Karte nicht, aber sie übte Vorbildfunktion aus.

Der Lithograph Miesler soll Anfang der 70er Jahre Bildpostkarten mit Berlin-Ansichten geschaffen haben. 1871 zeichnete der Göttinger Student Ludolf Parisius Motive für Glückwunschpostkarten, die vom Papierhändler Lange vertrieben wurden. 1872 druckte der Nürnberger Stecher Rorich für den Züricher Verleger Locher eine Züricher Stadtansicht im Stahlstich. 1874 entstanden im Holzstich Ansichtskarten von der Rudelsburg. Alle diese frühen Bildpostkarten wurden einfarbig gedruckt und haben das Bild auf der Mitteilungsseite. Der Absender musste für seinen Gruß eine freie Stelle benutzen oder das Bild beschreiben. Seit 1878 stellte ein Verleger Bildpostkarten im Lichtdruck nach photographischen Vorlagen her. Erst um 1895 setzte die große Zeit der Bildpostkarte ein. Die mehrfarbige, hauptsächlich im Steindruck hergestellte Bildpostkarte kam in Mode. Der Beruf des Postkartenmalers entstand, und Aquarelle dienten hauptsächlich als Vorlagen. Bald traten neben die Ansichten andere Motivbereiche des menschlichen Lebens. Vor allem setzte jetzt ein großer Sammeleifer ein; Philokartistenvereine wurden gegründet, Postkartenalben und andere Aufbewahrungsmittel verkauft. Die Menschen erfuhren von den Wundern der sich erschließenden Welt zu einem nicht unerheblichen Teil durch die Bildpostkarte.

Correspondezkaret Österreich

Postkartenalbum von 1905
(Sammlung Fa. Hermann Ch. Büsing, Bremen)


Correspondezkaret Österreich

Postkarten-Monocle um 1900
(Sammlung Fa. Hermann Ch. Büsing, Bremen)

Bedingt durch die Mangelwirtschaft des Ersten Weltkrieges versiechte der Sammeleifer und erholte sich später nie wieder zu früherer Blüte. Der aufkommende Tourismus ließ die Wohlhabenderen fremde Städte und Länder persönlich erleben. Mit dem wachsenden Wohlstand nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Postkarte mehr und mehr an die Glückwunschkarte im Umschlag, die Privateres zu versenden zuließ.

Textzusammenstellung: Günter Garbrecht, Bremen, Juli 1998, ergänzt 2010
Kartenabbildungen aus der Sammlung von Professor Herbert Schwarzwälder, Bremen, 1998 und Fotolia

Herbert Schwarzwälder 

* 14. Oktober 1919 in Bremen
ist ein deutscher Historiker und Autor.

Schwarzwälder erforschte seit 1953 die Hansestadt Bremen. Das erste zusammenhängende Nachschlagewerk zu Wissenswertem und Hintergründigem über und in der Hansestadt ist eine Fundgrube zu Vergangenheit und Gegenwart Bremens und Bremerhavens. Ab 1960 lehrte er als Professor für Geschichte an der Pädagogischen Hochschule in Bremen und von 1971 bis 1988 an der neu gegründete Universität Bremen mit den Schwerpunkten Landesgeschichte, NS-Zeit und Hanse. Zahlreiche Vorträge hat er gehalten und viele Publikationen zur Zeit- und Kulturgeschichte von Bremen, von der Hanse und von Nordwestdeutschland hat er veröffentlicht. 1975 und 1985 erschien das vierbändige Werk zur Geschichte der Freien Hansestadt Bremen. 1988 wurde er emeritiert, setzt seine Forschungs- und Veröffentlichkeitsarbeit jedoch fort.

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