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Geschichte

Die Tafel und der Griffel aus Schiefer


Als im ausgehenden Mittelalter die Städte damit begannen, Schulen und Universitäten zunächst nur für Privilegierte, mehr und mehr jedoch auch für breitere Schichten der Bevölkerung zu gründen, wurde der Bedarf an Schreibmaterialien immer größer. Bis dato lag die Bildung ausschließlich bei den Klöstern und dort kopierte man Schriften auf sehr teurem Pergament, einer gegerbten Haut von ungeborenen Schafen oder Ziegen; einem Material, das in größeren Mengen gar nicht zur Verfügung stand.

So verfiel man auf Schiefertafeln und den dazugehörenden Griffeln aus dem gleichen Material. Vielleicht standen dabei die Wachstafel und der Stylo der Römer sogar Pate.

Schiefer ist ein Sammelbegriff für unterschiedliches tektonisch gefaltetes Sedimentgestein. Sein gemeinsames Merkmal ist die ausgezeichnete Spaltbarkeit entlang enger paralleler Flächen. Es findet sich in vielen Teilen der Welt, in Deutschland zum Beispiel im Hunsrück, im Sauerland sowie in Thüringen, wo die Stadt Steinach bis in die 1960er Jahre beinahe ein Weltmonopol unterhielt.

Für Schreibtafeln und Griffel benutzte man den sogenannten Tonschiefer. Tafeln wurden nicht nur im Schulbetrieb gebraucht, sondern auch im Gewerbe oder im Haushalt, und zwar so lange, bis durch industrielle Herstellung Papier so günstig wurde, dass es Tafel und Griffel verdrängte.

Zunächst aber entwickelten sich der Abbau, der Transport und der Handel mit Schiefer zu lohnenden Geschäftszweigen. Man verwendete nämlich Schiefer nicht nur zur Herstellung von Schreibmaterialien, sondern zum Beispiel auch zum Abdecken von Dächern und Außenwänden an Häusern. Die Teile, die sich zur Herstellung von Tafeln eigneten, wurden meistens in Heimarbeit von Frauen und Kindern passend geschnitten und geglättet. In der weiteren Entwicklung erhielten sie Holzrahmen sowie auf einer Seite Linien für die Schreibschrift und auf der Gegenseite kleine Karos für Rechenoperationen. Rohe, eckige Schieferstäbe wurden mit Feilen rund geschliffen, später an der Griffstelle mit Papier umwickelt. Gegen Ende des 19. Jh. kamen Maschinen auf, in die die Schieferstäbe hineingepresst und rund geschliffen wurden.

Schiefertafeln und Griffel waren verhältnismäßig preiswert und konnten immer wieder verwendet werden, denn wenn der Text nicht mehr gebraucht wurde, wischte man ihn mit einem nassen Schwamm weg und trocknete mit einem Lappen nach. Einen feuchten Schwamm und den dazu gehörigen Lappen führte man stets in kleinen Behältern mit. Bei kleineren Schülern befestigten die Eltern beide Teile mit Bindfäden an der Tafel, wofür im Holzrahmen ein Loch vorgesehen war. Die nassen Schwämme und Lappen baumelten dann seitlich außen an den Büchertaschen herunter. Nachteile fanden sich darin, dass Texte nicht umfangreich sein durften, leicht verwischten, nicht dauerhaft erhalten werden konnten und dass sowohl die Tafel wie die Griffel sehr leicht zerbrachen. Nach heutigen Begriffen sind sie aber äußerst umweltfreundlich!

Auch die Griffel führte der Benutzer in einem gesonderten Behälter mit. Angespitzt wurden sie durch Schaben mit der scharfen Schneide eines Messers oder notfalls auch durch Reiben auf einer rauen Fläche. Sie schreiben je nach Beschaffenheit des Materials durch Abrieb mit einer weicheren oder härteren grauen Spur. Unter gewissen Umständen erzeugten sie beim Schreiben quietschende Geräusche auf der Tafel, die unangenehm in den Ohren schrillen. Auf die Dauer verkratzten die Griffel leicht die Tafeln, die dann endlich ausgetauscht werden mussten.

Anfang 1950 kamen Griffel auf, die wie Bleistifte einen Holzmantel besaßen. Deren Minen bestanden jedoch nicht aus Schiefer, sondern aus einer Mischung aus Kreide und weiteren Bindemitteln. Diese Griffel, von den Schülern „Buttergriffel“ genannt, konnten leichter gespitzt werden und verkratzten die Tafeln nicht mehr. Außerdem schrieb es sich damit leichter, man brauchte nicht so stark zu drücken.

In den 1960er Jahren verschwanden die letzten Schiefertafeln und die dazugehörenden Griffel aus dem Schulbetrieb.

Günter Garbrecht 2015

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