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Geschichte

Die Stahlfeder

Die Stahlfeder

Bereits im alten Ägypten, in der griechisch-römischen Antike sowie im Mittelalter hatten Schreiber mit Hilfe von Goldschmieden versucht, die bei ihrer Arbeit unangenehmen Begleiterscheinungen von Rohrfeder, Kalamos, Stylus oder Vogelfeder durch feine Federn aus Metall auszugleichen.

StahhlfedernMeistens mit mäßigem Erfolg, wie der Fund einer Bonzefeder in Pompeji vermuten lässt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hatten inzwischen so viele Menschen das Schreiben gelernt, dass Gänsefedern nicht mehr ausreichend zur Verfügung standen. Wieder waren es Metallhandwerker, die Auswege anboten. Sie entwickelten Halter, auf die kleine Gold- oder Silberfedern beziehungsweise kurze Spitzen aus Vogelfedern aufgesteckt werden konnten. Viele Versuche der Imitation von Gänsekielen aus anderen Materialien waren gescheitert. Auch Edelmetalle wie Gold und Silber erwiesen sich eigentlich als entweder zu weich oder als zu anfällig für die säurehaltigen Tinten. Bereits 1748 hatte der Assistent des Bürgermeisters von Aachen, Johannes Janssen, Stahlfedern in geringem Umfang in Handarbeit hergestellt. Mit einer seiner Federn soll der Vertrag zur Beendigung des Österreichischen Erbfolgekriegs von 1748 in Aachen unterschrieben worden sein. Er reklamierte jedenfalls später für sich, der Erfinder der Stahlfeder zu sein. Ebenso ließ sich Peregrine Williamsson aus Baltimore im Jahre 1809 als ihr Erfinder feiern und gab an, die Engländer hätten sein Patent gestohlen.

1803 kam mit dem Platinmetall „Iridium“ ein ideales Material zur Herstellung von Schreibfedern auf den Markt. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Stahlfeder den Vogelfederkiel fast vollständig verdrängt. Aber nicht alle wollten sich damit abfinden. So schrieb der französische Schriftsteller und Kritiker Jules Janin noch 1857:

„[~] Man braucht die Stahlfeder, deren man sich heutzutage bedient, nur mit der freundlichen Gänsefeder zu vergleichen, die unseren guten, erhabenen Ahnen zu Diensten war. Die Stahlfeder, diese moderne Erfindung, macht einen unangenehmen Eindruck auf uns. Es ist, als verliebe man sich entgegen dem eigenen Willen in einen kleinen, kaum sichtbaren, in Gift getauchten Dolch. Ihre Spitze ist scharf wie ein Schwert, und sie ist zweischneidig wie die Zunge eines Verleumders….“.

Was war inzwischen geschehen? Seit ca. 1750 hatte die industrielle Revolution von England aus begonnen, die Welt zu verändern. Die Dampfmaschine machte es unter anderem möglich, große Mengen an hochwertigem Stahl zu erzeugen, um daraus wiederum vorher nie gesehene Produkte zu fertigen. Sheffield wurde ein Zentrum der Stahlindustrie und Birmingham war seit langem ein bekannter Knotenpunkt der Handwerkskunst. In Handarbeit oder mit einfachen Maschinen wurden hier Produkte wie Knöpfe, Schnallen, Messer, Ringe und wahrscheinlich auch Uhrenfedern aus dünnen Stahlblechen gefertigt.

Unter dem Datum des 14. März 1808 ließ sich Bryan Donkin ein Patent zur Herstellung von goldenen Schreibfedern eintragen, die einen Schlitz an der Spitze hatten, und die er in Handarbeit herstellen wollte, was sich jedoch als viel zu teuer herausstellte. Möglicherweise wurde John Mitchel aus Birmingham dazu angeregt, Schreibfedern maschinell aus dünnen Stahlblechen zu stanzen, als er dieses Verfahren sah oder von dem Lithographen Aloys Senefelder aus München hörte, der 1798 eine Feder aus dünnem Stahlblech aus einer Uhr entfernte, um damit einen seiner Drucksteine zu beschriften. 1822 hatte Mitchel jedenfalls ein entsprechendes Patent erworben und zusammen mit seinem Bruder eine Fabrik gebaut.

James Perry folgte ihnen 1830 nach. Der hatte eine Stahlfeder mit einem runden Loch entwickelt, das über einen Schlitz Verbindung zur Spitze besaß und somit eine größere Flexibilität aufwies. Zwei Jahre später verbesserte er seinen Perrian Pen durch zusätzliche Schlitze beiderseits des Hauptschlitzes, wodurch der Tintenfluss noch gleichmäßiger wurde.

1831 begann Joseph Gillot mit einer neuen Stanztechnik die maschinelle Herstellung von Stahlschreibfedern. Er schlitzte nicht spitz zu sondern parallel. Gillot hatte vorher bei dem Besteckhersteller Skinner in Sheffield gearbeitet, wo er für das Spalten der in einer Nebenlinie hergestellten Goldfedern verantwortlich war. Er erkannte bald, dass mit Handwerksarbeit in dieser Branche keine befriedigenden Ergebnisse erzielt werden konnten, ging nach Birmingham und heiratete dort eine Schwester der Gebrüder Mitchel.

Josiah Mason hatte sein Handwerk bei dem Schlüsselringhersteller Samuel Harrison in Birmingham gelernt. In einem Schreibwarengeschäft kaufte er eine Feder aus der Fabrikation von James Perry, verbesserte sie und produzierte in Zukunft sehr erfolgreich dem Hause Perry zu. Obwohl er der größte Hersteller von Stahlfedern war, wurde sein Name niemals so bekannt wie der der anderen.

Blieb die Herstellung von Schreibfedern fast fünfzig Jahre lang auf England beschränkt, so hatten um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Franzosen aufgeholt und produzierten mit der Firma Blanzy-Pour & Companie in Boulogne-sur-Mer sehr erfolgreich auf dem Kontinent. In Deutschland, dem im Mittelalter größten Exporteur von Gänsefedern, engagierten sich zunächst nur die Kaligraphen Soennecken in Bonn und seit 1895 die Nadelfabrik Brause + Co. in Iserlohn sowie die aus dem Kraftwerk für Stahlbänder hervorgegangene Firma Heintze & Blankertz in Berlin mit diesem Artikel. Weitere Länder zogen erst im 20. Jahrhundert mit der Gründung von speziell auf diesem Gebiet arbeitenden Firmen und dem Bau von Fabriken nach. Stahlfedern wurden in solch großen Mengen gefertigt, dass die zunächst hohen Preise verfielen und sie deshalb bald für jedermann erschwinglich wurden.

Eine große Bedeutung erlangten weltweit die in Massenproduktion hergestellten Federn mit Goldlegierung der Firma J. Morton, N.Y., die jedoch fast ausschließlich in Füllfederhalter verarbeitet wurden.

Die technische Produktion von Stahlfedern beginnt mit der Ausstanzung der äußeren Gestalt aus dünnem Stahlblech sowie der Löcher in der vorgesehenen Art. Als nächstes werden schmückende Details mit Dampfhämmern eingeschlagen. Dazu gehören unter anderem der Firmenname und die Produktnummer. Danach werden die Federn stark erhitzt und in ihre Form gebogen, anschließend noch einmal sehr stark erhitzt und durch Abkühlung in Öl gehärtet. Nach einem Entfettungsbad wird nochmals erhitzt, um eine gewisse Biegsamkeit und Widerstandsfähigkeit des Metalls zu erreichen. Dann wird gereinigt, poliert und geschliffen, als letztes die Spitze gespalten. In Schachteln verpackt sind die Stahlfedern dann für den Verkauf bereit.

Im Laufe der Zeit verifizierten sich die Modelle. Es gab sie in den Längen von vier Millimetern bis zu vierzehn Zentimetern. Es gab sie speziell für fast jede Schrift, gewinkelt, für Linkshänder, Kinder, die unterschiedlichsten Berufe oder gesetzlichen Bestimmungen. Mit der Zebra-Feder der Companie Française konnte ein Komponist die fünf Notenlinien gleichzeitig auf Papier ziehen. Es gab schätzungsweise zehntausend verschiedene Modelle.

Bis in die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts benutzten Schüler Federhalter mit Stahlfedern und kannten die Frustration beim Schönschreiben, wenn der Klumpen an der Spitze der Feder nach dem Eintunken ins Pulttintenfass oder das Festhaken der Feder am holzhaltigen Papier die ganze aufgewandte Mühe zunichte machte.

Dann kam der Kugelschreiber!
Günter Garbrecht 2008

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